Bürgerversammlung der Gemeinde Neuried: Ein Blick auf die Herausforderungen und Lösungen der Zukunft
Am 7. November 2024 fand die Bürgerversammlung der Gemeinde Neuried statt, bei der Erster Bürgermeister Harald Zipfel seinen jährlichen Rechenschaftsbericht vorlegte. In seiner Ansprache thematisierte er eine Reihe drängender Herausforderungen, die die Gemeinde im laufenden Jahr beschäftigen und auch in den kommenden Jahren prägen werden.
Flüchtlingsunterbringung: Nur 33 Prozent der Quote erfüllt
Ein zentrales Thema war die Situation im Bereich der Flüchtlingsunterbringung. Die Gemeinde Neuried erfüllt die Vorgaben zur Aufnahme von Geflüchteten im Landkreis nur zu 33 Prozent. Das liegt zum einen an der fehlenden Verfügbarkeit geeigneter Flächen und zum anderen daran, dass die Gemeinde nicht über eigenes Eigentum verfügt, um entsprechende Unterkünfte bereitzustellen. Diese Problematik stellt Neuried vor erhebliche logistische und soziale Herausforderungen, die auf politischer Ebene weiter erörtert werden müssen.
Haushaltssperre und Steuerrückzahlungen belasten den Haushalt
Das wohl schwerwiegendste Thema war die anhaltende Haushaltssperre. Die Einkommenssteuer, eine der wichtigsten Einnahmequellen, sei mit 8,7 Millionen Euro stabil, doch die Gewerbesteuer schwankt stark. Für Neuried kam nun der Schock: Steuerrückzahlungen an drei Unternehmen in Höhe von 5 Millionen Euro belasten die Gemeindekasse erheblich. „Unser ursprünglich geplanter Haushalt von 10 Millionen Euro wurde auf die Hälfte gekürzt“, erklärte Zipfel. Dies habe zur Folge, dass zahlreiche freiwillige Leistungen gestrichen werden müssen. So entfällt in diesem Jahr die sonst beliebte Dankveranstaltung für die Ehrenamtlichen und auch die Seniorenweihnacht wird nicht stattfinden.
Dennoch, ein Lichtblick: Die Zuschüsse für die Musikschule und den TSV Neuried bleiben erhalten. „Ohne diese Unterstützung können die beiden Institutionen nicht weiterarbeiten“, so Zipfel, der die Wichtigkeit dieser Einrichtungen für das kulturelle Leben und den Sport in der Gemeinde unterstrich.
Grundsteuererhöhung als Folge der Reform
Ein weiterer Punkt, der die Anwesenden beschäftigte, war die bevorstehende Grundsteuererhöhung. Ab dem Jahr 2025 wird die Grundsteuer in Neuried von derzeit 330 Punkten auf 370 Punkte steigen, um die gleichen Einnahmen wie bisher zu erzielen. Dies ist eine Folge der Grundsteuerreform, bei der die Neubewertung von Grundstücken noch nicht vollständig abgeschlossen ist – 12 Prozent der erforderlichen Steuererklärungen stehen noch aus.
Infrastrukturbau: Verzögerungen und Umplanungen
Doch nicht nur der Haushalt stellt die Gemeinde vor Herausforderungen, auch die Infrastrukturentwicklung ist von Verzögerungen betroffen. Der Um- und Neubau der Kreuzung in der Ortsmitte konnte zwar abgeschlossen werden, doch der für die kommenden Jahre geplante Umbau der Ettaler Straße und Parkstraße muss aufgrund der Haushaltssperre auf 2026 verschoben werden.
Klimaschutz und Energiewende: Langsame Fortschritte
In Sachen Klimaschutz und Energiewende bleibt Neuried ebenfalls am Ball, auch wenn die Umsetzung langsamer voranschreitet als ursprünglich erhofft. Ein Rahmenplan zur Klimaanpassung wurde bereits erstellt und an den Gemeinderat weitergeleitet. Für das geplante Windkraftprojekt mit sechs Windrädern fehlen allerdings noch die notwendigen Genehmigungen, was die Realisierung verzögert. Auch die Fernwärmeversorgung wird in absehbarer Zeit nicht umgesetzt werden können – hier geht Bürgermeister Zipfel von einer Dauer von etwa zehn Jahren aus. Hingegen zeigt sich bei der Nahwärmeplanung eine kürzere Zeitschiene: Hier rechnet man mit einer Realisierung in den nächsten drei bis fünf Jahren.
Zuwachs der Bevölkerung und Fachkräftemangel im Landkreis München
Im Anschluss an Bürgermeister Zipfels Bericht trat auch der stellvertretende Landrat Otto Bußjäger ans Mikrofon und zog die Blicke der Anwesenden auf die demographischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen der Landkreis München bis zum Jahr 2030 konfrontiert sein wird. Bußjäger berichtete, dass die Bevölkerung des Landkreises voraussichtlich von 360.000 auf 371.000 Einwohner anwachsen wird. Diese Entwicklung werde die bereits jetzt angespannten Wohn- und Verkehrssituationen weiter verschärfen, was sowohl die Planung von Wohnraum als auch die nötige Erweiterung und Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur zur dringenden Aufgabe mache. Ein weiteres Problem, das Bußjäger thematisierte, sei der drohende Fachkräftemangel. Bis 2030 wird der Landkreis München voraussichtlich 79.000 Fachkräfte weniger zur Verfügung haben, was die wirtschaftliche Entwicklung erheblich belasten könnte.
Haushalt des Landkreises unter Druck
Auch der Landkreis München sieht sich, ähnlich wie die Gemeinde Neuried, mit massiven finanziellen Engpässen konfrontiert. Der Haushalt des Landkreises müsse drastisch angepasst werden, da für die Sanierung und den Neubau von 18 Schulen Baukosten in Höhe von 700 Millionen Euro anfallen werden. „An anderen Stellen müssen wir daher sparen“, so Bußjäger. Ein Beispiel dafür sei die Beschaffung von Elektro-Bussen für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), deren Kauf aufgrund der angespannten Haushaltslage auf einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren verschoben werde. Dies geschehe nicht nur in der Hoffnung auf eine verbesserte Technik, sondern auch auf günstigere Fahrzeugpreise.
ÖPNV und Flüchtlingsquote im Landkreis
In Bezug auf den ÖPNV merkte Bußjäger an, dass eine Verkürzung des Angebots angesichts von 310.000 Pendlern, die täglich in den Landkreis und in die Stadt München fahren, keinen Sinn mache. Ein gut funktionierender öffentlicher Verkehr sei für die Pendler und die Umwelt gleichermaßen wichtig. Abschließend berichtete der stellvertretende Landrat auch über die Flüchtlingsquote des Landkreises: Der Landkreis München erfüllt seine Quote gegenüber der Regierung von Oberbayern lediglich zu 70 Prozent. Auch hier seien Maßnahmen erforderlich, um den Anforderungen gerecht zu werden und die Unterbringung von Geflüchteten weiterhin sicherzustellen.
Dank an das Ehrenamt
Zum Abschluss seiner Rede bedankte sich Bußjäger herzlich bei allen Ehrenamtlichen der Gemeinde Neuried für das starke Engagement. Besonders hob er das Engagement in den örtlichen Vereinen und im Gemeinderat hervor. „Nur durch diese Unterstützung können wir die Herausforderungen der Zukunft meistern“, so der stellvertretende Landrat.
Sicherheitsbericht der Polizeiinspektion Planegg
Im Anschluss an die Ausführungen von Otto Bußjäger präsentierte Thomas Sorgalla, Leiter der Polizeiinspektion (PI) 46 Planegg, den Sicherheitsbericht für das Würmtal. Sorgalla berichtete, dass die Kriminalitätslage in der Region weiterhin stabil und die Sicherheitslage insgesamt gut sei. Es gab im vergangenen Jahr keine nennenswerten Wohnungseinbrüche, und die allgemeine Kriminalität sei auf einem niedrigen Niveau geblieben.
Dennoch warnte Sorgalla die Bürger vor den anhaltenden Gefahren durch Betrüger, insbesondere durch Betrugsversuche per SMS, WhatsApp und den sogenannten Enkeltrick. Diese Maschen seien weiterhin weit verbreitet, und Sorgalla appellierte an die Anwesenden, besonders in diesen Fällen Misstrauen zu wahren und immer Rücksprache mit vertrauten Personen zu halten, bevor größere Geldbeträge überwiesen werden.
Die Polizeiinspektion werde auch weiterhin mit intensiven Präventionsmaßnahmen gegen diese Betrugsarten vorgehen, betonte Sorgalla.
Einbringung und Diskussion von Anträgen und Anfragen
Im weiteren Verlauf der Bürgerversammlung wurden drei Anträge und Anfragen aus der Bürgerschaft behandelt:
1. Antrag auf Nachtverbot für Mähroboter:
Bianca Elser, Sprecherin des Arbeitskreises Igelhilfe der Ortsgruppe Würmtal-Nord des BUND Naturschutz, beantragte ein nächtliches Betriebsverbot für Mähroboter. Diese Geräte gefährden besonders geschützte Tiere wie den Braunbrustigel, der auf der Vorwarnliste des Landesamts für Umwelt steht. Da Erkennungssensoren häufig unzuverlässig funktionieren, verletzen Mähroboter zahlreiche nachtaktive Kleintiere schwer oder töten sie. Gemeinden wie Nuthetal und Höhenkirchen-Siegertsbrunn haben bereits entsprechende Verbote erlassen. Der stellvertretende Landrat Otto Bußjäger ergänzte, dass in seiner Heimatgemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn ein ähnliches Verbot weitergeleitet wurde an die Untere Naturschutzbehörde und es dazu spätestens im 1. Quartal 2025 dazu eine Aussage geben wird. Der Antrag stieß auf Zustimmung: 83 Anwesende befürworteten ihn, sodass er zur weiteren Behandlung in den Gemeinderat eingebracht wird.
2. Anfrage zur Fernwärmeanbindung:
Erich Varga berichtete über die dringende Notwendigkeit einer Heizungsreparatur für ein Mehrparteienhaus mit 32 Einheiten, deren Kosten auf 80.000 Euro geschätzt werden. Er fragte, wann Neuried an die Fernwärme angeschlossen werde, da im angrenzenden München die Leitungen bereits bis an die Grenze zu Neuried reichten. Erster Bürgermeister Zipfel verwies auf den Geschäftsbericht: Die Fernwärme sei erst in zehn Jahren verfügbar, während die Nahwärme als quartiersbasierte Lösung innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre realisiert werden könnte. Die Fernwärme der Stadtwerke München (SWM) werde trotz mehrfacher Nachfrage wohl nicht für Neuried zugänglich sein.
3. Probleme mit parkenden Fahrzeugen:
Jan Jungowski schilderte das Problem großer Fahrzeuge, die in Einfahrten vor Garagen parken und dabei den Gehweg blockieren. Thomas Sorgalla, Leiter der Polizeiinspektion (PI) Planegg, empfahl den Bürgern, solche Fahrzeuge zu fotografieren und zur Anzeige bei der PI Planegg zu bringen, da eine regelmäßige Überwachung durch Polizeistreifen nicht möglich sei. Harald Zipfel ergänzte, dass der Zweckverband Oberbayern in Neuried bereits mit Kontrollen beauftragt sei. Eine Ausweitung auf regelmäßige Kontrollen für derartige Parkverstöße würde jedoch zusätzliches Personal erfordern und sei finanziell kaum tragbar.
Die Bürgerversammlung endete nach zwei Stunden mit dem Hinweis auf die nächste Versammlung am 13.11.2025